Wanted: Best of!
Für alles mögliche gibt es Tests. Kein Produkt ohne Auszeichnung, von „Qualitätsurteil: sehr gut“ bis „Bestes Produkt“ (Ever! Ever!! Ever!!!1!), alles hat einen „Testsieger!“. Alles? Nein, nicht alles, denn für Pen-Nadeln ist mir bisher kein Test untergekommen, nicht einmal Erfahrungsberichte habe ich gefunden.
Drei bis vier mal steche ich mir jeden Tag eine solche Nadel in den Bauch. Jeden Tag. Etwa 100 Pen-Nadeln brauche ich im Monat und wenn meine Honeymoon-Phase vorbei ist, kommen nochmal 1 oder 2 pro Tag dazu. Das macht insgesamt über 1500 Stiche im Jahr und ich finde, für 1500 kleine Löcher in der Haut wäre der Testsieger gerade gut genug. Wenn es denn einen gäbe.
An der Produktvielfalt mangelt es dabei nicht. Mein Lieblings-Diakram-Versender hat alleine neun verschiedene 4mm Nadeln im Angebot. Neun! Da gibt es Nadeln mit „besonders geringem Durchmesser“, „ultradünne“ Nadeln und natürlich „die dünnste“ Nadel. Andere Hersteller setzen mehr auf Marketing-Blabla wie „EasyFlow“, „SuperFlow“ oder „Extrem Comfort“. Und dann gibt es noch die Nadeln mit „Anti-Coring-Technology“. Coring — das heißt übrigens „entkernen“ oder „ausstechen“. Ausstechen?! Mein Bauch ist doch kein Plätzchenteig!
Die Dörte-Skala
Mit den passenden Testgeräten hätte man vermutlich einige Aussagen objektiv überprüfen können, aber am Ende zählt doch nur eins: Je weniger <Autsch> desto besser. Jaja, Mimimi, ich weiß, aber ey: Autsch! Da hilft übrigens auch keine Speckschutzschicht, so großartig ich das finden würde („Du, Schatz, den Schoko-Crêpe hier esse ich aus rein medizinischen Gründen zum Aufbau meines schoko-gestützten Crêpeschutzschildes.“).
Mangels Testlabor habe ich mich der Fragestellung also ganz pragmatisch genähert: Im Selbstversuch, mit Stift, Block und ca. 300 Nadeln von drei verschiedenen Herstellern. Das Stechen der Nadel und das Brennen des Insulins habe ich getrennt bewertet, jeweils auf meiner persönlichen Dörte-Skala [Einheit: Dö].
[0 Dö]: Mhh? Man mag es kaum glauben, aber manchmal geht es komplett schmerzfrei vonstatten. Dann ist es eher so wie damals im AOL Werbespot, „Bin ich schon drin?“
[1 Dö]: Autsch! Leicht verkniffener Gesichtsausdruck, die Oberlippe zuckt ein wenig nach oben und der Herr zieht leises Luft durch die Zähne. 1 Dö, das ist unangenehm, aber es lässt sich aushalten.
[5 Dö]: Sch**ße, tut das weh! Die Nadelspitze malträtiert einen Nerv , der sich fragt, warum für ihn die UN-Antifolterkonventionen nicht gelten. Und wenn es nicht die Nadel ist, dann das Insulin. Das scheint sich ab und an in Säure zu verwandeln, um für 10 Sekunden einen subkutanen Flächenbrand auszulösen. Kennt ihr das, wenn ihr Zitronen oder Chilis schneidet und euch dann ins Auge fasst? Genau so!
Die Kandidaten
Accu Chek® Accu Fine® mit Feinschliff und Gleitbeschichtung. Die Nadeln sind ziemlich neu und werden fleißig beworben. Und was neu ist, muss doch gut sein.
BD Micro-Fine Ultra™ mit PentaPoint™ (= 5-fach Schliff), EasyFlow™ (=extra-dünner Kanülenwand) und feiner Silikonbeschichtung. Die BDs waren meine ersten Nadeln, von der Dia-Praxis ausgewählt, daher sollten sie auch mit in den Vergleich.
mylife Clickfine mit DiamondTip, 6-fach Schliff, Extra-Dünnwand-Kanüle, Click-Technologie und Spezialsilikonisierung. Sie sind mir auf der Suche nach Alternativen von einer Dia-Apotheke empfohlen worden.
Vergleicht man die Eigenschaften und lässt das Marketingblabla weg, reduziert sich im Grunde alles auf: möglichst spitz, dünn und gleitfähig. Einzig bei den mylife verbirgt sich mit der Click-Technologie eine kleine Besonderheit: die Nadeln müssen nicht auf den Pen gedreht werden, sondern lassen sich einfach draufschieben (eben bis es <Click> macht). Ich war gespannt, ob ich ansonsten überhaupt einen Unterschied bemerken würde.
Fakten, Fakten, Fakten
Auswertung
Ich habe die schmerzlose und die schmerzhafte Erfahrung getrennt verglichen und daraus zwei Grafiken gebastelt. Die grünen Balken zeigen, wie oft ich gar nichts gemerkt habe (0 Dö). Das ist das, was man sich doch eigentlich wünscht. Je höher der grüne Balken, desto besser. Die roten Balken zeigen die Schmerzpunkte (1 Dö bis 5 Dö), wenn es dann doch weh tat. Je höher der Balken, desto schmerzhafter.
Ergebnis 1: Das Stechen
Grün: mylife und BD liegen etwa gleichauf; 3 von 4 Stichen waren schmerzlos (76% und 77%). Bei den Accu-Chek sind es noch 2 von 3 (66%).
Rot: Auch hier sind mylife und BD sehr ähnlich (49 und 54 Dö), die Accu-Chek waren schmerzhafter (79 Dö).
Ergebnis 2: Das Brennen
Grün: mylife liegt mit 92% vor den anderen beiden, die etwa gleichauf sind (BD 77%, Accu-Chek 76%).
Rot: Auch hier liegt mylife (13 Dö) deutlich vorne. BD (33 Dö) und Accu-Chek (69 Dö) haben einige Schmerzpunkte mehr gesammelt.
Die Unterschiede in dieser Kategorie haben mich etwas überrascht, weil ich keinen so deutlichen Zusammenhang zwischen der Pen-Nadel und dem Brennen erwartet hatte. Erst recht keinen, der so groß ausfällt.
And my Winner is…
… mylife Clickfine. Während man im ersten Teil noch von Gleichstand mit den BD sprechen kann, ist der Unterschied im zweiten Teil größer. Ein weiterer Pluspunkt für die mylife ist das <Click>-Verfahren. Auch wenn es nur eine Kleinigkeit ist, aber sie ist praktisch und es vereinfacht das Handling.
Von den Accu-Chek war ich ein bisschen enttäuscht. Wenn etwas neu auf den Markt kommt, so hat es doch mindestens die Chance, besser als die Konkurrenz zu sein. Gemerkt habe ich davon nichts.
Und ihr so?
Jetzt zu euch!
Mich interessiert Eure Meinung. Welche Pen-Nadeln nutzt ihr? Habt ihr schon besonders gute oder schlechte Erfahrungen gemacht? Habt ihr noch Marken, die ich mal testen sollte? Dann immer her damit:
diadoerte [at] renevoss [punkt] de
Disclaimer
Der Artikel basiert ausschließlich auf meinem Bauchgefühl — b(a)uchstäblich — und nicht auf anderleuts Geldbeutel oder Meinung.
Ich hab die Nadeln ausgewählt und bezahlt (ach nee, bezahlt hat sie die Krankenkasse; macht aber nichts) und getestet wurde das alles höchst unwissenschaftlich, ohne jeden Anspruch auf Vergleichbarkeit oder Objektivität. Natürlich habe ich versucht, den Test möglichst neutral durchzuführen. Aber auch wenn es je 100 Nadeln waren, die morgens bis abends, zu Hause, unterwegs und an allen Stellen verwendet wurden, so ist das Ergebnis am Ende dann doch sehr subjektiv und kann bei Jedem von Euch anders ausgehen.